• CHILDREN

CHILDREN

„Entschleunigung“ ist wohl der allerletzte Begriff, der einem in den Sinn kommt, wenn man an Berlin denkt. Zumindest vermittelt kaum etwas an der Metropole auf den ersten Blick innere Ruhe. Alles muss immer irgendwie schnell gehen, unter Druck stehen, man will hier auffallen und mit Superlativen herausstechen.

Es ist vielleicht der größte Verdienst von CHILDREN, dass ihr Debüt-Album „Leaving Home“, obwohl komplett in Berlin entstanden, kein Stück nach Dazugezogenen-Musik klingt; sich eben nicht diesem lauten Berlin-Hype hingibt und eine wesentlich unaufgeregtere Perspektive einnimmt. Vor sechs Jahren machten Laura, Steffi und André, die sich bereits seit ihrer Kindheit kennen, vom beschaulichen Neustrelitz nach Berlin rüber. Die besten Eigenschaften ihrer Landherkunft haben sich die drei beibehalten: sich selbst Raum und Zeit zur Entschleunigung zu nehmen, nicht überall dabei sein zu müssen – und eben auch mit der gesunden Portion Naivität an Dinge heranzutreten.

Auf „Leaving Home“ treffen minimalistische elektronische Beats auf klare Gitarren- & Basslinien sowie sanfte Klavier- und Synthesizerflächen. Dabei wirken die Songs aufgeräumt, aber nie steril. Den Großteil der Musik schreibt André, der immer wieder Fingerspitzengefühl für Details beweist und die Dynamik der Stücke gekonnt steuert. Getragen werden die Songs von den Stimmen der beiden Sängerinnen Steffi und Laura, die von Zuhause, Freundschaft und Neugier singen – bezaubernd, ohne einen auf süß zu machen, und mit Zeilen wie „No beauty will last, no future will fit, we just own the past, that’s the beauty of it“ bewaffnet. Das ist abgeklärt und selbstsicher, aber auf die gute Art und Weise, ohne Arroganz oder Überheblichkeit.

Das Ergebnis ist zeitlupenartige, kluge Popmusik für die Clubs, in die man immer noch gerne geht, für den Sonnenaufgang nach einer langen Nacht und den anschließenden Nachhauseweg. Dass ihre Songs auch live eine besondere Energie ausstrahlen, bewiesen CHILDREN bisher unter anderem als Support für Abby, Hundreds oder Me and My Drummer sowie auf dem Fusion Festival. Dabei haben sie offensichtlich überzeugt, wurde „Leaving Home“ doch durch eine selbstgemachte Crowdfunding-Kampagne finanziert. Schön, dass CHILDREN ausgezogen sind – denn soviel muss man Berlin schon lassen: in Neustrelitz wäre solch eine Platte wohl nicht entstanden.